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Douglas Stuart: Shuggie Bain

Zu den ganz großen Leseerlebnissen im Bücherherbst 2021 zählt für mich der Booker Prize-Träger »Shuggie Bain« des schottischen Autors Douglas Stuart. Vielfach ist dieser Roman mit Hanya Yanagiharas »Ein wenig Leben« verglichen worden und tatsächlich ist die Lektüre von »Shuggie Bain« ebenfalls eine emotionale tour de force – auch wenn hier eine gänzlich andere Geschichte erzählt wird.

Stuarts Roman ist im Glasgow der 1980’er Jahre angesiedelt, in der Zeit von Margaret Thatchers  Wirtschaftsreformen, die ganze Stadtteile der schottischen Metropole in Arbeitslosigkeit und Elend gestürzt haben. Gerne wäre der kleine Shuggie wie die anderen Jungs aus seiner Siedlung, weniger affektiert und feminin. Doch sein Herz gehört den schönen Dingen – besonders aber seiner Mutter Agnes, die auf ihr Äußeres nichts kommen lässt und der Trostlosigkeit ihres Daseins mit übermäßigem Alkoholkonsum zu entfliehen versucht. Seine Mutter vor ihrer Sucht zu bewahren, ist die Aufgabe, der sich Shuggie mit unbedingter Liebe verschrieben hat.

»Shuggie Bain« steht in einer Reihe jüngst erschienener Texte – etwa den von Annier Ernaux, Édouard Louis und Christian Baron –, die ein prekäres Milieu literarisch vermessen. Dabei liegt die besondere Leistung Stuarts darin, dass er die Tristesse der beschriebenen Welt sprachlich ästhetisch auflädt und so eine literarische Dichte schafft, die den Leser auf besondere Art anrührt ohne dabei kitschig zu sein. Ein echtes Must-Read!

Empfohlen von Markus Felsmann

Douglas Stuart: Shuggie Bain

496 Seiten, ISBN 978-3-446-27108-1, Hanser Berlin, 26,00€

Erschienen: 23.08.2021