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Ottessa Moshfegh: McGlue

Salem (Massachusetts), 1851. Das ist DIE amerikanische Gruselstadt, bekannt geworden durch ihre Hexenprozesse und damit eine schaurig gute Wahl als Setting für McGlue. McGlue (Vorname unbekannt), Inbegriff eines Trunkenbolds, und seit einem Unfall außerdem mit gespaltenem Kopf, hat hier schon sehr früh das Saufen gelernt. Und ganz prinzipiell, dass die Welt ein eher schlechter Ort ist. Vielleicht anderswo ein bisschen weniger? Mit Johnson, der ihn mal im Suff aufgegabelt hat, heuert er auf einem Schiff an…

… „Ich wache auf. Meine Hemdbrust ist steif und hat einen braunen Latz. Wenn das Blut ist, bin ich ein toter Mann. Die Seeluft gibt mir Zweifel auf, und ich lasse den Kopf drei Mal, vier Mal Richtung Füße kreiseln. Die stehen auf der Erde. Vielleicht bin ich mit dem Gesicht im Matsch gelandet. Mir egal, ich bin noch zu betrunken.“

Damit beginnt Ottessa Moshfegh (die aktuell auf der Shortlist für den Man Booker Prize steht) ihren kurzen Roman. McGlue wird unter Deck gebracht und eingesperrt, das Schiff steuert zurück Richtung Salem, um ihm dort den Prozess zu machen - er soll Johnson beim letzten Landgang getötet haben. Hat er? - Hat er vergessen.

Das Buch ist ein einziger, fein konstruierter Monolog McGlues, und, wir erinnern uns, er ist Säufer und hat eine schwere Kopfverletzung. Und so ist auch der Leser in diesem gespaltenen Kopf gefangen. Erinnerungsfetzen, Visionen, Uneindeutigkeiten… Zum Festhalten bekommt man da als Leser wenig gereicht.

Ein spannendes Buch um Schuld und Gerechtigkeit, Leben und Scheitern, eben absolut existenzialistisch. Toll!

 

Empfohlen von Marie Franck

Ottessa Moshfegh: McGlue

144 Seiten, ISBN: 978-3-95438-067-1, 16,00€, Liebeskind Verlag

Erschienen: 22. August 2016