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Georges Perec: Ein Mann der schläft

Der Sommer ist jetzt anscheinend um. Sagt man. Heute war definitv der letzte heiße Tag des Jahres, so wird tagtäglich und von allen Seiten beschworen.

Als der up-to-date Buchladen Ihres Vertrauens folgt nun also ein absolut herbstlich-melancholischer Buchtipp: Ein Mann der schläft von Georges Perec. Zugegeben, das Buch selbst ist nicht ganz so up-to-date und schon 1967 auf Französisch erschienen, aber dafür noch immer großartig.

Ein Student wacht auf, es ist Prüfungstag. Doch er verweigert sich und verweigert sich immer tiefgreifender der ganzen Welt, bis er an nichts mehr Anteil nimmt. Als Flaneur durchzieht er die Straßen Paris, bleibt dabei aber ganz abgesondert von allem Lebendigen. Zurück in seinem Zimmer unter dem Dach verweilt er stunden-, ja tagelang in der Betrachtung seines Kopfkissens, der Risse in der Wand, der Schüssel mit seinen alten Socken, dem zersprungenen Spiegel. Immer radikaler versucht er, der Welt zu entfliehen, seine eigene Existenz abzulegen und dabei eine völlige Gleichgültigkeit zu erreichen…

… Aber nein, die Lektüre ist dennoch nicht eintönig. Konsequent in der Du-Form geschrieben, spricht der Text den Leser nämlich direkt an und kommt ihm dadurch auch so nah. Und man trifft hier regelmäßig auf ganz wunderbare Gedanken.

Es ist ein philosophisches Experiment, das Perec mit diesem kurzen Text beschreibt. Und dabei ein herbstlich ruhiger und unglaublich intensiver Lesegenuss.

 

 

Empfohlen von Marie Franck

Georges Perec: Ein Mann der schläft

112 Seiten, ISBN: 9783037342411, 9,95€, diaphanes

Erschienen am 5. Juli 2012