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Clara Bensen: No Baggage

Mit Vanilleeis und Erdbeeren, die in einer Kürbiskernöl‐Soße so dahinschwimmen, sitze ich nun vor meinem Rechner, lasse die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings mein Gemüt erweichen und komme so in Gedanken an Ort und Stelle an, während ich auf den Bildschirm starre. Ich lasse die Geschichte von »No Baggage« noch einmal Revue passieren, die mich vor einigen Wochen packte und mit in die heißen Sommertage von Istanbul, Sarajevo und Budapest nahm.

Sie, eine junge Frau Anfang/Mitte Zwanzig, in einem grünen Kleid und dazu eine kleine Handtasche, die lang von der rechten Schulter hängt. Er, Anfang/Mitte Dreißig, in einer roten Hose und dazu einen texanischen Cowboyhut gepaart mit einer dickrahmigen schwarzen 60er-Jahre Brille. Mit der (fast) immer gleichen Pose sind die beiden Reisenden so auf Fotos zu sehen, die das gesamte Buchcover schmücken. Die Fotografien halten Clara und Jeff während einiger Stationen ihrer Reise fest wie sie beispielsweise auf der Galata- Brücke in Istanbul oder vor dem Parthenon (nicht Pantheon) in Athen stehen. Das Besondere, so steht es bereits im Klappentext, ist, dass die beiden quer durch Europa ohne Gepäck reisen. Clara Bensen ist die Autorin des etwas anderen Reiseberichts »No Baggage«. Sie lädt uns auf eine ungewöhnliche Europareise ein und das nicht nur, weil sie und ihr Begleiter Jeff ohne Gepäck reisen. Sie setzt dem Leser eine Brille auf, die aus der Ich‐Perspektive beschreibt wie eine junge intellektuelle US-Amerikanerin der Südstaaten europäische Kulturgeschichte kennt und dabei hier und da auf hohem Ross knapp an lehreinheitsartigen Ausführungen vorbeischleift.

Doch liest man einmal über die Allgemeinplätze jener Literatur- und Kulturgeschichte hinweg, öffnet sich der Blick auf weit mehr als einen Reisebericht. Clara lädt ein, sowohl die Sicht einer jungen Amerikanerin auf Europa zu entdecken, als auch ihre Begegnung mit Jeff zu begleiten. Und mehr noch, der Leser lernt auf eine intime Art und Weise die Gelenkstellen eines individuellen Werdegangs kennen, denen dann und wann das Schmieröl ausging. Ihre Geschichte bohrt bedrückend deutlich am Zahn der Zeit und deutet eine simple Tiefgründigkeit an, die nicht nachdrücklich den Zeigefinger hebt, als vielmehr ein kaum wahrnehmbares Kopfnicken des Einvernehmens provoziert.

Ist das Eis nun leer, der mentale Magen auf wohlig geschaltet, ließ ich die Geschichte noch einmal Revue passieren. Die heißen Tage können kommen und mit ihnen die Lust auf alle Reisen nach innen wie nach außen.