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Mel Wallis de Vries: Da waren's nur noch zwei

„Da waren's nur noch zwei“ ist ein Thriller für Jugendliche, der mich ganz zu Anfang an den Horrorfilm „Cabin in the Woods“ erinnert hat: Junge Menschen in Partylaune in einer einsamen Hütte, eingedeckt mit reichlich Alkohol, abgeschnitten von der Zivilisation. Nach und nach verschwinden Personen. Dafür wächst bei denen, die noch da sind, die Panik - nur dass in „Da waren's nur noch zwei auf“ Blut und Monster und dieses überspitzte, apokalyptische Horrorfilmende verzichtet wurde.

 

Das Interessante an „Da waren's nur noch zwei“ ist gar nicht mal der Plot, obwohl mir auch der gefallen hat. Es ist viel mehr die Erzählstruktur. Es ist nicht das erste Mal, dass ich einen Roman mit wechselnder Ich-Perspektive lese. Aber es ist das erste Mal, dass ich diesen Wechsel auf diese ganz spezielle Art erfahre. Von den vier Freundinnen ist Kim die erste, die uns die Geschichte aus ihrer Sicht erzählt. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie bewusstlos wird und verschwindet. Ohne dass wir erfahren, was mit ihr geschieht, wechselt die Perspektive zu Feline - bis auch sie verschwindet.

Diese Erzählstruktur hat für mich zwei Vorteile: Erstens gibt es kein nerviges Hin- und Herspringen in der Perspektive, bei der man jedes Mal wieder überlegen muss, wer denn jetzt gerade redet. Jede Figur erzählt nur ein einziges Mal über mehrere Kapitel hinweg. So behält man den Überblick, in wessen Kopf man sich gerade befindet. Und zweitens erfährt man so von den Geheimnissen, die die Vier mit sich herumschleppen, ohne dass die anderen Figuren ebenfalls davon erfahren. Der Leser bekommt also nach und nach einen Wissensvorteil gegenüber den Figuren und kann selbst rätseln, wer hinter dem Verschwinden der Mädchen steckt.

 

Die Figuren sind recht unterschiedlich und alle haben ihr Päckchen zu tragen. Die Stimmung in der Hütte ist von Anfang an mies. Feline täuscht eine Erkältung vor, um ihre verquollenen Augen und ihr Schweigen zu erklären. Kim sieht, dass ihre beste Freundin Abby ihr entgleitet und sich stattdessen lieber mit Pippa amüsiert. Abby ist genervt von Kims Klammerei. Und Pippa ist in ihrer ganzen Art eine so furchtbare Person, dass der ganze Urlaub viel harmonischer - und harmloser - gewesen wäre, wäre sie nicht mitgefahren. Eigentlich hatte ich die ganze Zeit gehofft, dass man ihr endlich einen Denkzettel verpasst. Eine Eigenart, die allen Figuren eigen ist, ist die Tendenz, englischsprachige Floskeln zu verwenden. Auf Dauer wird das in den Dialogen ein bisschen nervig, aber angesichts des spannenden Plots kann man gut darüber hinweg sehen.

 

Bis zur letzten Seite bleibt es spannend - ein fesselnder Jugendthriller mit überraschendem Ende und spannender Erzählstruktur.

 

Mel Wallis de Vries: Da waren's nur noch zwei. One. Euro 10,-

Empfohlen von Miriam Broicher