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Kristin Dombek: Die Selbstsucht der anderen

Kürzlich stieß ich auf ein kleines grünes Büchlein mit dem Titel „Die Selbstsucht der anderen – Ein Essay über Narzissmus“ von Kristin Dombek, einer New Yorker Essayistin und Kulturjournalistin. Ich begann diesen kleinen klugen „Ratgeber“ der höheren Pop-Psychologie zu lesen und wurde gehörig überrascht.

Die Diagnose „Narzissmus“ kursiert expandierend im Internet. Narzissmus wird zum Synonym für „Idiot“ - Donald Trump, Marc Zuckerberg, Cristiano Ronaldo, Kim Kardashian oder TeilnehmerInnen von Casting- und Realityshows seien hier genannt. Kristin Dombek nimmt sich dieser Unschärfe an und dekonstruiert die Selfiness „der anderen“ gekonnt, klug und mit viel Humor.

Ich erfahre in diesem Büchlein viel über die allgemeine Begriffsgeschichte des Narzissmus und seine diagnostischen Kriterien und lerne, wie sehr mittlerweile die Kommunikationsmedien mit dem Selbst verbunden sind. Ich lerne das neue schöne Wort „Narziphobie“ kennen und ich erfahre noch mehr:

„Aber bis auf Weiteres ist diese Zukunft noch leer von Gefühl. Sie muss nicht voller Selbstsucht sein, noch nicht. Noch ist Zeit, um sich rückwärts in die Zukunft der anderen zu bewegen, sich die Katastrophe anzusehen, die man ihnen hinterlässt und nur notdürftig zu reparieren versucht. Bis zum Frühjahr wird mein Egoismus unsichtbar bleiben. Aber dann wird die Welt sich erwärmen, der Schnee wird schmelzen, und irgendjemand wird um die Ecke biegen und auf meinen Beitrag zu dieser zugemüllten Straße stoßen.“

 

 

Empfohlen von Csilla Bouton

Kristin Dombek: Die Selbstsucht der anderen

160 Seiten, ISBN: 978-3-518-12708-7, 16€, Suhrkamp,

Erschienen: 14. November 2016